Vorlage öffentlich - VO/12SV/2023-1894

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtvertretung beschließt:

 

1. Dem Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids nach § 20 Absatz 4 KV M-V zu der Frage

 

"Sind Sie dafür, dass im Eigentum der Stadt Grevesmühlen stehende Grundstücke zwecks Errichtung von Containerdörfern zur Unterbringung von Geflüchteten oder Asylbegehrenden an den Landkreis Nordwestmecklenburg-Wismar verpachtet oder verkauft werden?"

 

wird unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die Fragestellung in Anwendung von § 17 Absatz 3 Satz 2 KV-DVO M-V redaktionell wie folgt geändert wird: Die Bezeichnung „Landkreis Nordwestmecklenburg-Wismar“ wird ersetzt durch die Bezeichnung „Landkreis Nordwestmecklenburg“.

 

2. Die Stadtvertretung genehmigt den angehängten Organisationsvorschlag der Verwaltung (Anlage 1), der auf den §§ 17 und 18 der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO M-V) basiert, worin die Durchführung eines Bürgerentscheids normiert ist.

 

3. Den Fraktionen der Stadtvertretung sowie bei Bedarf auch einzelnen Mitgliedern der Stadtvertretung wird Gelegenheit gegeben, bis zum 28. Juli 2023 bei der Stadtpräsidentin eine Stellungnahme zu ihren jeweiligen Argumenten für die Abstimmungsoptionen des Bürgerentscheids ("Ja" oder "Nein") einzureichen.

 

4. Die Stadtpräsidentin wird beauftragt, die gemäß Ziffer 3 eingereichten Stellungnahmen als inhaltliche Stellungnahme der Stadtvertretung Grevesmühlen sachlich zusammenzufassen.

 

5. Der Bürgermeister wird beauftragt, die Zusammenfassung fristgemäß öffentlich unter dem Hinweis bekannt zu machen, dass die einzelnen Stellungnahmen der Fraktionen bei der Stadt zur Einsichtnahme ausliegen und außerdem über die Internetseite der Stadt Grevesmühlen eingesehen werden können (§ 17 Absatz 2 KV-DVO M-V). Die Presse ist hierauf hinzuweisen.

 

6. Der Bürgerentscheid wird vorbehaltlich der Umsetzung der Beschlüsse zu 1., 3. und 4. am 27. August 2023 ausschließlich als Abstimmung in Abstimmungsräumen durchgeführt, die sich an der bestehenden Wahlbezirkseinteilung der Stadt Grevesmühlen orientieren.

 

 

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Sachverhalt

Am 25. Mai 2023 wurde unter Anwesenheit von zwei Vertretungsberechtigten bei der 1. Stadträtin ein an die Stadtpräsidentin der Stadt Grevesmühlen, Frau Elvira Kausch, adressierter schriftlichen Antrag auf Durchführung des oben genannten Bürgerentscheids (Anlage 2) eingereicht. Dem Antrag beigefügt sind 241 durchgehend nummerierte Unterschriftenlisten, die in der Ladungsfrist von den Mitgliedern der Stadtvertretung im Büro der Leiterin des Haupt- und Ordnungsamt eingesehen werden können. Noch am gleichen Tag wurde die Meldebehörde beauftragt, Anzahl und rechtskonforme Unterschriftenleistung zu prüfen.

 

Am 9. Juni 2023 teilte die Meldebehörde dem Bürgermeister der Stadt Grevesmühlen mit, dass anhand der Prüfkriterien (Alter der/des Unterschriftleistenden und Erstwohnsitz in Grevesmühlen) 1667 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern identifiziert werden konnten, welche am Tag der Einreichung des Antrags gemäß § 14 Absatz 4 KV-DVO M-V in Verbindung mit § 4 Absatz 1 Nr. 1 des Landes- und Kommunalwahlgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (LKWG M-V) in der Stadt Grevesmühlen zu den Gemeindewahlen berechtigt waren und die zugleich den Formvorschriften des § 14 Absatz 5 KV-DVO M-V entsprachen. Die Anzahl von 1667 gültigen Unterschriften ist in der Stadt Grevesmühlen, in der am Stichtag 25. Mai 2023 9265 Bürgerinnen und Bürger nach § 13 Absatz 2 KV M-V ihren Erstwohnsitz hatten, zudem geeignet, die Anforderung gemäß § 20 Absatz 5 Satz 3 KV M-V zu erfüllen, wonach das Bürgerbegehren von mindestens 10% der zu Gemeindevertretungswahlen Berechtigten unterzeichnet sein muss.

 

Als Fazit stellte der Bürgermeister das Vorliegen der formellen Voraussetzungen nach der KV M-V für die Durchführung des beantragten Bürgerbegehrens fest und begab sich in die inhaltliche Prüfung, bei der folgende Feststellungen getroffen wurden:

 

 I.     Die Formulierung der Fragestellung des Bürgerbegehrens im schriftlich an die Stadtpräsidentin der Stadt Grevesmühlen gerichteten Antrag weicht von der unterzeichneten Fragestellung auf den Antragslisten (Anlage 3) ab, die für den Bürgerentscheid ausschlaggebend ist. Konkret wird der Landkreis auf den Antragslisten als Landkreis „Nordwestmecklenburg-Wismar“ bezeichnet, der so gar nicht existiert. Damit hätte der gewählte Begriff die Unzulässigkeit der Fragestellung zur Folge und der Antrag auf Durchführung des Bürgerbegehrens wäre abzulehnen. In diesem Falle kann jedoch die Stadtvertretung nach § 17 Absatz 3 Satz 2 KV-DVO M-V mit Zustimmung der Vertrauenspersonen die Formulierung des Bürgerentscheids so verändern, das die unzulässige Fragestellung zulässig wird. Eine Pflicht für die Stadtvertretung diese redaktionelle Änderung vorzunehmen besteht ausdrücklich nicht. Die redaktionelle Änderung im Sinne von § 17 Absatz 3 Satz 2 der KV-DVO M-V setzt die Zustimmung der Vertretungspersonen des Bürgerbegehrens voraus. Sie sind daher zu einer beabsichtigten Änderung nichtöffentlich anzuhören. Zu diesem Zweck wurden die Vertrauenspersonen schriftlich eingeladen, an der Sitzung der Stadtvertretung Grevesmühlen teilzunehmen.

 

 II.       In der Begründung zu der antragsgemäß abzustimmenden Fragestellung wird konkret Bezug genommen auf eine Entscheidung der Stadtvertretung Grevesmühlen vom 17.04.2023, in welcher die Stadtvertretung dem Landkreis Nordwestmecklenburg zwei Grundstücke im Eigentum der Stadt Grevesmühlen zu unterschiedlichen Nutzungszwecken „anhand“ gegeben hat. Eine Verpachtung oder ein Verkauf der Flächen zur Errichtung von Containerdörfern war in der Beschlussfassung nicht enthalten und das Aufstellen von Containern für den Standort „Sandstraße“ auch zu keinem Zeitpunkt in der Diskussion. Hier ist fraglich, ob hinsichtlich dieser Begründung die Fragestellung hinreichend konkret formuliert ist, oder ungeachtet der Begründung wirklich die Absicht verfolgt wird, ganz generell nur die Errichtung von Containerdörfern auf sämtlichen Flächen im Eigentum der Stadt Grevesmühlen auszuschließen. Im Sinne der Antragsteller ist ihre eigene Begründung so auszulegen, dass die Fragestellung sich auf sämtliche potenziellen Flächen im Eigentum der Stadt bezieht, es aber hinsichtlich der Nutzung ausschließlich um die Errichtung von Containerdörfern zum Zwecke der Unterbringung von Geflüchteten oder Asylbegehrenden geht. Containerdörfer, die zu anderen Zwecken vom Landkreis gepachtet, gemietet oder gekauft würden, z.B. zu Schulzwecken oder als Lagerräume sind von der Fragestellung nicht erfasst. Damit ist die Stadtvertretung bzw. der Landkreis frei, zum Zwecke der Unterbringung von Geflüchteten oder Asylbegehrenden z.B. Zelte, feststehende Gebäude oder Sporthallen zu nutzen. Denn Ziel des Begehrens ist ja nach eigener Begründung NICHT die Verhinderung der Aufnahme von Geflüchteten (vgl. Anlage 3 - Begründung). 

 

 III.           Letztlich ist festzustellen, dass der Begriff „Containerdorf“ kein feststehender Begriff und daher auch nicht eindeutig zu definieren ist. Den Unterzeichnern und Unterzeichnerinnen des Bürgerbegehrens muss aber eine eindeutige Entscheidung dafür oder dagegen möglich sein. Fraglich kann hier sein, welche Vorstellung gemeinhin von den Unterschriftleistenden mit dem Begriff „Dorf“ verknüpft wird. Gemeinhin mag eine Ansammlung mehrerer Container zu Wohnzwecken schon als Contaunerdorf deklariert werden, sodass diesbezüglich bestehende Zweifel hinsichtlich der Definition nicht tragen dürften.

 

IV.       Aus dem Ergebnis des Bürgerentscheids resultieren keine direkten finanziellen Aufwendungen für die Stadt Grevesmühlen, egal ob mehrheitlich der Abstimmungsoption "Ja" oder "Nein" gefolgt wird. Insbesondere sind für Verpachtungen oder Verkäufe an den Landkreis Nordwestmecklenburg keine Einnahmen in den städtischen Haushalt eingeplat. Daher ist eine rechtliche Einordnung des im Bürgerbegehren angegebenen Kostendeckungsvorschlags an dieser Stelle entbehrlich. Denn § 20 Absatz 5 Satz 5 KV M-V fordert lediglich die Kostenangabe und den Deckungsvorschlag für die begehrte Maßnahme. Nicht gemeint sind damit die Kosten für die Organisation und Durchführung des Bürgerentscheids an sich.

 

 Abhängig von dem Ergebnis der empfohlenen Anhörung der Vertrauenspersonen, könnte das Bürgerbegehren rechtmäßig sein und dem Antrag zugestimmt werden. Grundvoraussetzung ist aber die Änderung der Fragestellung, wie unter Absatz 3 Ziffer I beschrieben. Nach den getroffenen Feststellungen ist jedoch anzumerken, dass wohl auch nach der Anhörung und nach Abwägung sämtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht restlos ausgeräumt werden können. Es ist mithin nicht ausgeschlossen, bei der rechtlichen Bewertung zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Nach § 15 Absatz 1 Satz 3 KV-DVO M-V trifft letztlich die Stadtvertretung die Entscheidung darüber, ob das Bürgerbegehren inhaltlich und hinsichtlich seiner formellen Voraussetzungen zulässig ist.

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Finanz. Auswirkung

Lediglich das Bürgerbegehren selbst ist mit einem außerplanmäßigen finanziellen Aufwand von ca.10.000 € für Sachkosten (Softwarekonfiguration, Papier, Porto etc.) sowie die Besetzung der Abstimmungsvorstände und des Abstimmungsausschusses zu veranschlagen. Der Aufwand ist aus dem laufenden Haushalt zu decken.

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Anlagen

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