15.11.2021 - 9 1. Nachtragshaushaltssatzung/1. Nachtragshausha...

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Wortprotokoll

Frau Lenschow erläutert zunächst die inhaltlichen Schwerpunkte des Nachtragshaushaltes.

 

Herr Pagels fragt nach der Notwenigkeit des Schallschutzes im Haus 1 der Ploggensee-Schule. Der Bürgermeister erklärt, dass es sich hier um ein Gebäude handelt, dass im Rahmen des Schulcampus im Bestand bleibt.

 

Herr Bahr fragt nach der Wirtschaftlichkeit des Abrisses des ursprünglich durch die Stadt ersteigerten Gebäudes in der Schweriner Landstraße, insbesondere, ob ein Verkauf vor Abriss angebracht sei, um Abrisskosten zu sparen. Der Bürgermeister erläutert, dass erfahrungsgemäß ein Verkauf nur nach Abriss erfolgreich sein wird. Die Intension des Beschlusses der Stadtvertretung zum Erwerb der Immobile sei es vor allem gewesen, einen Schandfleck in der Stadt zu beseitigen. Frau Strübing fragt nach einer möglichen Verwertung der Baustoffe. Der Bürgermeister berichtet, dass dies in der Hand des Abrissunternehmers liege und sich im Preis widerspiegeln wird.

 

Herr Bahr schätzt die Kosten für die Lüftungsanlage in der Feuerwehr als sehr hoch ein. Der Bürgermeister erläutert anhand der Anzahl der Kameraden, der Einsätze und der aktuellen Situation die Notwendigkeit dieser Investition.

 

Anschließend begründet der Bürgermeister anhand einer Präsentation die vorgeschlagene Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B (sieh auch Erläuterungen im Sachverhalt dieser Beschlussvorlage). Die Stadt Grevesmühlen ist im Landesvergleich nach Größenordnung vergleichsweise steuerschwach. Die vorgeschlagene Erhöhung zur Kompensation der Ausfälle infolge des Wegfalls der Straßenbaubeiträge soll ein Investitionsvolumen von 1 Mio. Euro pro Jahr sichern.

 

Herr Bahr fragt, wieviel die Erhöhung des Hebesatzes ungefähr pro Einfamilienhaus ausmache und wie sich die Erhöhung hinsichtlich der Kreisumlage auswirke.

Frau Lenschow schätzt, dass für ein in den letzten Jahren gebautes Eigenheim, für das aktuell 230 Euro Grundsteuer B fällig wird, künftig ca. 70 Euro mehr zu zahlen sein werden.

Hinsichtlich der Kreisumlage führen nur Hebesätze unterhalb des Landesdurchschnittes zu höheren Kreisumlagen, liegen die Hebesätze darüber, wird auf den Landesdurchschnitt heruntergerechnet.

 

Herr Faasch verweist auf die in Vorbereitung befindliche Grundsteuerreform. Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2018 die bisherige Regelung deshalb für rechtswidrig erklärt, weil alte Häuser auf einer anderen Bewertungsgrundlage (Berechnungsgrundlage aus dem Jahr 1935) besteuert werden als Neubauten, was dazu führt, dass für letztere erheblich mehr Steuern zu zahlen sind. Wenn nun vor der Umsetzung der Grundsteuerreform (Stichtag 01.01.2025) nun eine derart einschneidende Erhöhung des Hebesatzes vorgenommen wird, verschärfe dies die bereits gerichtlich festgestellte Ungerechtigkeit. Er schlägt daher vor, diese Anhebung erst nach Umsetzung der Grundsteuerreform vorzunehmen.

 

Es wird nach Vergleichswerten in Umlandgemeinden gefragt. Frau Lenschow verweist auf die Hansestadt Wismar, deren Hebesatz für die Grundsteuer B derzeit bei 580 liege. Es wird zudem nach dem Landesdurchschnitt gefragt, hier wird eine kurzfristige Zuarbeit zugesagt.

 

Protokollanmerkung: Der Landesdurchschnitt über alle Kommunen liegt derzeit (Quelle: Haushaltserlass 2021 vom 07.01.2021) bei 323 % für die Grundsteuer A und 427 % für die Grundsteuer B.

 

Frau Lenschow verweist auf die Äußerungen seitens des Städte- und Gemeindetages, dass die Kommunen im Hinblick auf die Akzeptanz der Reform angehalten sind, in direktem Zusammenhang mit der Grundsteuerreform keine Erhöhungen vorzunehmen, sondern das Gesamtaufkommen insgesamt auf dem gleichen Niveau zu halten. Allerdings obliege diese Entscheidung den jeweiligen politischen Gremien.

 

Herr Bahr sieht mit Blick auf die weggefallenen Straßenbaubeiträge keine andere Alternative als eine Anhebung der Grundsteuern. Er schlägt vor, diese Erhöhung an eine Verpflichtung zu knüpfen, jährlich 1 Mio. Euro in den Straßenbau zu investieren. Dieser Vorschlag findet allgemeine Zustimmung.

 

Der Bürgermeister kann die Argumentation von Herrn Faasch gut nachvollziehen. Auch er sehe die Verschärfung der Ungleichbehandlung und die Sinnhaftigkeit, die Erhöhung in dieser Größenordnung bis zur Umsetzung der Grundsteuerreform zurückzustellen. Herr Faasch könnte sich vorstellen, die Hebesätze mit dem Nachtragshaushalt ab 2022 lediglich auf den Landesdurchschnitt anzuheben, damit die Stadt im Finanzausgleich nicht bestraft wird und bittet, dies zur Hauptausschusssitzung vorzubereiten.

 

Protokollanmerkung: Unterhalb des Landesdurchschnittes liegt derzeit nur die Grundsteuer B. Eine Hebesatzanpassung von bisher 400 % auf dann 427% führt zu Mehrerträgen von rund 61.000 Euro pro Jahr. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit einer aktuellen Grundsteuerbelastung von 130 Euro/Jahr bedeutet dies eine Mehrbelastung von ca. 45 Euro/Jahr.

 

Die Mitglieder des Finanzausschusses sind sich einig, dass dann bis zur deutlichen Anhebung der Hebesätze im zeitlichen Zusammenhang mit der Umsetzung der Grundsteuerreform nicht alle vorgesehenen Straßenbaumaßnahmen umzusetzen sind. Diese Beträge aktuell z.B. die Vorhaben Siebenmorgen und Straße des Friedens.

 

Frau Strübing schlägt vor, mit der Erhöhung den Steuerpflichtigen die Gründe in einem Flyer, der dem Steuerbescheid beigefügt wird, zu erklären.

 

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Der Finanzausschuss empfiehlt der Stadtvertretung folgenden Beschluss:

Die Stadtvertretung beschließt die 1. Nachtragshaushaltssatzung und den 1. Nachtragshaushaltsplan der Stadt Grevesmühlen für das Jahr 2021 mit der Änderung, die Anhebung der Hebesätze 2021 zur Generierung von zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 300.000 Euro (aktueller Vorschlag auf 400% in der Grundsteuer A und 528 % in der Grundsteuer B) bis zur tatsächlichen Umsetzung der Grundsteuerreform 2025 zu verschieben. Bis zum Hausptausschuss soll die Verwaltung die Anhebung der Hebesätze auf den aktuellen Landesdurchschnitt prüfen. Eine Anhebung der Hebeätze ist an eine Verpflichtung zu knüpfen, jährlich einen Betrag in den Straßenbau zu investieren, der mit der Höhe der Mehreinnahmen aus der Grundsteuer als Ersatz für die Straßenbaubeiträge finanzierbar ist.

          

 

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Abstimmungsergebnis:

Gesetzl. Anzahl der Vertreter:

8

        davon anwesend:

8

Ja-Stimmen:

8

Nein-Stimmen:

0

Enthaltungen:

0

 

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Sachverhalt:

Gemäß den Bestimmungen des § 48 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die Stadt unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen bei einzelnen Aufwandspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen erheblichen Umfang getätigt werden sollen oder müssen sowie bisher nicht veranschlagte Auszahlungen für Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen geleistet werden sollen.

Nachtragssatzung und Nachtragsplan werden im Vorbericht erläutert.

 

Die Nachtragshauhaltssatzung enthält eine Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B ab dem Jahr 2022. Diese wird seitens der Verwaltung wie folgt begründet. 

Die Stadt Grevesmühlen hat Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und gegen die Festlegungen des Artikel 4 des FAG 2020, worin die Gegenfinanzierung geregelt ist, beim Verfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Dabei wurde nicht die Abschaffung als solches beklagt, sondern, dass nach unserer Auffassung, die Mittel, die Land bereit stellt, nicht ausreichen, um zukünftig einen erhaltenden Straßenbau in Grevesmühlen umsetzen zu können.  

Anhand der konkreten Haushaltsansätze des Haushalte 2021/22 sowie anhand der Abschreibungswerte wurde nachgewiesen, dass der Finanzmittelbedarf bei ca. 1 Mio. € pro Jahr liegt. Die Mittel des Landes, die für den Wegfall der Straßenausbaubeiträge an die Stadt Grevesmühlen jährlich gezahlt werden, betragen aber nur ca. 120 T€ und sind auch nur für 4 Jahre sicher.  

Letztlich hat das Gericht fest gestellt, dass nicht der zukünftige Bedarf maßgeblich sei, sondern es grundsätzlich ausreiche, vergangene Aufkommen von Straßenausbaubeiträgen auszugleichen, um verfassungskonform die sog. Konnexität zu berücksichtigen. Diese waren in Grevesmühlen deutlich geringer als 1 Mio. €, allein weil ja in den letzten Jahren vorrangig Hauptverkehrsstraßen oder ausschließlich Straßen saniert wurden, für die auch Fördermittel flossen, bzw. Straßen, die sich im Sanierungsgebiet "Altstadt befinden, für welche wqiederum keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden dürfen.   

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Haushalt 2021/22 Einnahmen im mittleren 6-stelligen Bereich entfallen. Geplant waren damit Straßenbaumaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 3,6 Mio Euro in 2021 und 2022, hinzu kommen weitere 850 T€ im Finanzplanjahr 2023. Auch langfristig, anhand von Abschreibungstabellen nachgewiesen, ist nicht mit einer Abnahme des Bedarfs an Investitionen und somit deren Finanzierung zu rechnen.   

In der langfristigen Betrachtung lässt sich folgendes feststellen: 1 Mio. € reichen aus, um – bei aktuellen Durchschnittswerten - ca. 1 km Gemeindestraße instand zu setzen. Die Stadt verfügt über Gemeindestraßen von einer Gesamtlänge von ca. 80 km. Das heißt also, dass bei einem jährlichen Investitionsprogramm von 1 Mio. € jede Straße nur alle 80 Jahre grundhaft saniert würde. Die Abschreibungsdauer einer Straße beträgt 40 Jahre. Das entspricht auch der Lebenswirklichkeit. 

Allein, um dieses Investitionsprogramm so aufrecht erhalten zu können, bedarf es also unweigerlich zusätzlicher Einnahmen aus kommunalen Steuern. Denn – grob abgeschätzt – ist davon auszugehen, dass ca. 50 % der anfallenden Kosten bisher aus Straßenausbaubeiträgen refinanziert worden wären. Die weiteren 500 T€ hätte die Stadt aus eigenen Haushaltsmitteln finanzieren müssen. Den Rest, also 500 T€, hätten nach vorheriger Rechtslage die betroffenen Grundstückseigentümer in Form von Straßenausbeiträgen zahlen müssen. Eine direkte Umlage der Kosten der Grundstückseigentümer auf etwaige Mieter oder Pächter wäre in diesem Falle nicht unmittelbar erfolgt.

Nunmehr stellt sich die Situation so dar: Für das notwendige Investitionsprogramm vom 1 Mio. € stehen als Finanzierungsmittel nur noch die sog. Kompensationsmittel des Landes zur Verfügung, nach aktuellem Stand ca. 120 T€. Es verbleibt also ein Zuschussbedarf von 880 T€ jährlich, der aus eigenen Haushaltsmitteln zu finanzieren ist. Dies ist gegenüber der vorherigen Regelung ein zusätzlicher eigener Mittelaufwand i.H.v. 380 T€ pro Jahr.

 Dieser zusätzliche Mittelbedarf soll – nach Vorschlag der Verwaltung - nunmehr aus erhöhten Grundsteuereinnahmen, die dem kommunalen Haushalt zufließen, bis zu einer Höhe von 300 T€ pro Jahr ausgeglichen werden.

Dies ist insofern gerechtfertigt, da nachweislich der Bedarf an instand haltenden Straßenbau besteht und letztlich die Grundstückseigentümer von dem Straßenbau durch verbesserte infrastrukturelle Ausstattung ihrer Grundstücke und letztlich auch Wertsteigerungen ihrer Grundstücke profitieren. Es ist aber ungerechter als die abgeschaffte Beitragserhebung, da nicht mehr unterschieden werden kann, wer bereits Straßenausbaubeiträge oder Ausgleichsbeträge bezahlt hat, oder ob ein Grundstück an einer Hauptverkehrsstraße oder an einer Anrainerstraße liegt. Auch muss wohl berücksichtigt werden, dass  Grundsteuern Bestandteil der Nebenkostenabrechnung sind und demnach vielfach auf Mieter vollumfänglich umgelegt werden.  

Die Erhöhung der Grundsteuern sollte mit der Zusicherung einher gehen, dass mit den Mehreinnahmen ein Investitionsvolumen von durchschnittlich 1 Mio. € pro Jahr für Straßensanierung umgesetzt wird. Hierüber soll laufend Bericht erstattet werden und spätestens nach 5 Jahren eine umfangreiche Überprüfung der Effekte erfolgen.

Die Alternative zur Erhöhung der Grundsteuern wäre der Verzicht auf die Instandsetzung der Gemeindestraßen oder der Verzicht auf anderweitige Investitionen im Bereich Schulen oder Kitas. Denn nur in diesen Bereichen stehen in absehbarer Zukunft nennenswerte Investitionen an, die zum Ersatz heran gezogen werden könnten.

 

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Anlagen zur Vorlage