23.11.2021 - 8 1. Nachtragshaushaltssatzung/1. Nachtragshausha...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 8
- Gremium:
- Hauptausschuss Stadt Grevesmühlen
- Datum:
- Di, 23.11.2021
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Vorlage öffentlich
- Federführend:
- Finanzen
- Bearbeiter:
- Kristine Lenschow
Wortprotokoll
Der Bürgermeister berichtet über eine bereits erfolgte Beratung zu den Hebesätzen im Finanzausschuss und übergibt das Wort an Frau Lenschow.
Frau Lenschow berichtet über die derzeitigen Hebesätze. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer B bei rund 427 v.H. Würde man den Hebesatz in Grevesmühlen in Höhe von 400 v.H., aufgrund der ausfallenden Straßenausbaubeiträge, auf den Landesdurchschnitt anheben, so könnten rund 61.000€ Mehreinnahmen erzielt werden. Außerdem weist sie darauf hin, dass die Schlüsselzuweisungen niedriger ausfallen, sollte man unter dem Landesdurchschnitt bleiben.
Herr Faasch berichtet, dass der Finanzausschuss einer erheblichen Erhöhung nicht zugestimmt hätte. In den zwei unterschiedlichen Abrechnungsmodellen sieht er eine Ungerechtigkeit, da für Neubauten erheblich mehr Steuern zu zahlen sind. Eine Erhöhung der Hebesätze auf den Landesdurchschnitt kann vom Finanzausschuss mitgetragen werden.
Herr Baetke teilt die Meinung von Herrn Faasch und ergänzt, dass nicht nur die
Grundstückseigentümer von der Steuererhöhung betroffen wären, sondern auch die Mieter. Zu einer Erhöhung auf Landesdurchschnitt äußert er sich positiv.
Herr Grote kritisiert, dass die Stadt Grevesmühlen durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge praktisch gezwungen sei, den Hebesatz
Anzuheben.
In diesem Zusammenhang berichtet der Bürgermeister nochmal vom Klageverfahren bezüglich der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.
Frau Münter erscheint um 18:11 Uhr, somit sind 8 von 9 Mitglieder anwesend.
Herr Grote betont, dass die Außendarstellung wichtig ist und in den Medien dargelegt werden sollte, warum die Steuern erhöht werden müssen.
Der Bürgermeister informiert, dass die Beschlussfassung der Stadtvertretung abgewartet werden sollte und im Anschluss eine entsprechende Pressemitteilung erfolgt.
Herr Brockmann erscheint um 18:13 Uhr, somit sind alle 9 Mitglieder des Hauptausschusses anwesend.
Der Bürgermeister fasst die Änderungen zusammen: für die Grundsteuer A bleibt der aktuelle Hebesatz bestehen. Für die Grundsteuer B wird der Hebesatz von 400 v.H. auf 427 v.H. angehoben. Die Änderung der Hebesätze soll in der Beschlussvorlage bis zur Stadtvertretung vorgenommen werden.
Frau Lenschow fügt ergänzend hinzu, dass nur die Haushaltssatzung geändert werden soll, jedoch nicht der Haushaltsplan. Hier erfolgt nach Beschluss der Stadtvertretung eine Haushaltssperre.
Sachverhalt:
Gemäß den Bestimmungen des § 48 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die Stadt unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen bei einzelnen Aufwandspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen erheblichen Umfang getätigt werden sollen oder müssen sowie bisher nicht veranschlagte Auszahlungen für Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen geleistet werden sollen.
Nachtragssatzung und Nachtragsplan werden im Vorbericht erläutert.
Die Nachtragshauhaltssatzung enthält eine Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B ab dem Jahr 2022. Diese wird seitens der Verwaltung wie folgt begründet.
Die Stadt Grevesmühlen hat Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und gegen die Festlegungen des Artikel 4 des FAG 2020, worin die Gegenfinanzierung geregelt ist, beim Verfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Dabei wurde nicht die Abschaffung als solches beklagt, sondern, dass nach unserer Auffassung, die Mittel, die Land bereit stellt, nicht ausreichen, um zukünftig einen erhaltenden Straßenbau in Grevesmühlen umsetzen zu können.
Anhand der konkreten Haushaltsansätze des Haushalte 2021/22 sowie anhand der Abschreibungswerte wurde nachgewiesen, dass der Finanzmittelbedarf bei ca. 1 Mio. € pro Jahr liegt. Die Mittel des Landes, die für den Wegfall der Straßenausbaubeiträge an die Stadt Grevesmühlen jährlich gezahlt werden, betragen aber nur ca. 120 T€ und sind auch nur für 4 Jahre sicher.
Letztlich hat das Gericht fest gestellt, dass nicht der zukünftige Bedarf maßgeblich sei, sondern es grundsätzlich ausreiche, vergangene Aufkommen von Straßenausbaubeiträgen auszugleichen, um verfassungskonform die sog. Konnexität zu berücksichtigen. Diese waren in Grevesmühlen deutlich geringer als 1 Mio. €, allein weil ja in den letzten Jahren vorrangig Hauptverkehrsstraßen oder ausschließlich Straßen saniert wurden, für die auch Fördermittel flossen, bzw. Straßen, die sich im Sanierungsgebiet "Altstadt befinden, für welche wqiederum keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden dürfen.
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Haushalt 2021/22 Einnahmen im mittleren 6-stelligen Bereich entfallen. Geplant waren damit Straßenbaumaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 3,6 Mio Euro in 2021 und 2022, hinzu kommen weitere 850 T€ im Finanzplanjahr 2023. Auch langfristig, anhand von Abschreibungstabellen nachgewiesen, ist nicht mit einer Abnahme des Bedarfs an Investitionen und somit deren Finanzierung zu rechnen.
Herr Faasch verweist auf die in Vorbereitung befindliche Grundsteuerreform. Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2018 die bisherige Regelung deshalb für rechtswidrig erklärt, weil alte Häuser auf einer anderen Bewertungsgrundlage (Berechnungsgrundlage aus dem Jahr 1935) besteuert werden als Neubauten, was dazu führt, dass für letztere erheblich mehr Steuern zu zahlen sind. Wenn nun vor der Umsetzung der Grundsteuerreform (Stichtag 01.01.2025) nun eine derart einschneidende Erhöhung des Hebesatzes vorgenommen wird, verschärfe dies die bereits gerichtlich festgestellte Ungerechtigkeit. Er schlägt daher vor, diese Anhebung erst nach Umsetzung der Grundsteuerreform vorzunehmen.
In der langfristigen Betrachtung lässt sich folgendes feststellen: 1 Mio. € reichen aus, um – bei aktuellen Durchschnittswerten - ca. 1 km Gemeindestraße instand zu setzen. Die Stadt verfügt über Gemeindestraßen von einer Gesamtlänge von ca. 80 km. Das heißt also, dass bei einem jährlichen Investitionsprogramm von 1 Mio. € jede Straße nur alle 80 Jahre grundhaft saniert würde. Die Abschreibungsdauer einer Straße beträgt 40 Jahre. Das entspricht auch der Lebenswirklichkeit.
Allein, um dieses Investitionsprogramm so aufrecht erhalten zu können, bedarf es also unweigerlich zusätzlicher Einnahmen aus kommunalen Steuern. Denn – grob abgeschätzt – ist davon auszugehen, dass ca. 50 % der anfallenden Kosten bisher aus Straßenausbaubeiträgen refinanziert worden wären. Die weiteren 500 T€ hätte die Stadt aus eigenen Haushaltsmitteln finanzieren müssen. Den Rest, also 500 T€, hätten nach vorheriger Rechtslage die betroffenen Grundstückseigentümer in Form von Straßenausbeiträgen zahlen müssen. Eine direkte Umlage der Kosten der Grundstückseigentümer auf etwaige Mieter oder Pächter wäre in diesem Falle nicht unmittelbar erfolgt.
Nunmehr stellt sich die Situation so dar: Für das notwendige Investitionsprogramm vom 1 Mio. € stehen als Finanzierungsmittel nur noch die sog. Kompensationsmittel des Landes zur Verfügung, nach aktuellem Stand ca. 120 T€. Es verbleibt also ein Zuschussbedarf von 880 T€ jährlich, der aus eigenen Haushaltsmitteln zu finanzieren ist. Dies ist gegenüber der vorherigen Regelung ein zusätzlicher eigener Mittelaufwand i.H.v. 380 T€ pro Jahr.
Dieser zusätzliche Mittelbedarf soll – nach Vorschlag der Verwaltung - nunmehr aus erhöhten Grundsteuereinnahmen, die dem kommunalen Haushalt zufließen, bis zu einer Höhe von 300 T€ pro Jahr ausgeglichen werden.
Dies ist insofern gerechtfertigt, da nachweislich der Bedarf an instand haltenden Straßenbau besteht und letztlich die Grundstückseigentümer von dem Straßenbau durch verbesserte infrastrukturelle Ausstattung ihrer Grundstücke und letztlich auch Wertsteigerungen ihrer Grundstücke profitieren. Es ist aber ungerechter als die abgeschaffte Beitragserhebung, da nicht mehr unterschieden werden kann, wer bereits Straßenausbaubeiträge oder Ausgleichsbeträge bezahlt hat, oder ob ein Grundstück an einer Hauptverkehrsstraße oder an einer Anrainerstraße liegt. Auch muss wohl berücksichtigt werden, dass Grundsteuern Bestandteil der Nebenkostenabrechnung sind und demnach vielfach auf Mieter vollumfänglich umgelegt werden.
Die Erhöhung der Grundsteuern sollte mit der Zusicherung einher gehen, dass mit den Mehreinnahmen ein Investitionsvolumen von durchschnittlich 1 Mio. € pro Jahr für Straßensanierung umgesetzt wird. Hierüber soll laufend Bericht erstattet werden und spätestens nach 5 Jahren eine umfangreiche Überprüfung der Effekte erfolgen.
Die Alternative zur Erhöhung der Grundsteuern wäre der Verzicht auf die Instandsetzung der Gemeindestraßen oder der Verzicht auf anderweitige Investitionen im Bereich Schulen oder Kitas. Denn nur in diesen Bereichen stehen in absehbarer Zukunft nennenswerte Investitionen an, die zum Ersatz heran gezogen werden könnten.
Anlagen zur Vorlage
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(wie Dokument)
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4,3 MB
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