27.02.2023 - 8 Unterbringung von Geflüchteten im Landkreis Nor...

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Wortprotokoll

 

Der Bürgermeister erläutert die Thematik anhand einer Power Point Präsentation.

 

Herr Siegerth erscheint um 18.38 Uhr. Somit sind 24 von 25 Stadtvertreterinnen und Stadtvertretern anwesend.

 

Er geht dabei auf die Zahlen der Geflüchteten in Deutschland ein. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei 244.000 Personen und im Jahr 2016 bei 740.000 Personen. Für das Jahr 2023 lassen sich bei gleichbleibendem Verlauf 360.000 – 450.000 Personen prognostizieren. Der Landkreis Nordwestmecklenburg hat im letzten Jahr 1.350 Flüchtlinge aufgenommen. Die Prognose für dieses Jahr liegt bei 1.000 Flüchtlingen mehr. Es stehen aber nur 340 Plätze in einer Einrichtung zur Verfügung. Somit gab es bis jetzt nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten. In den vergangenen Jahren wurden die Flüchtlinge dezentral in Wohnungen untergebracht, was aber aufgrund der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nicht mehr funktioniert. Der Leerstand auf dem Wohnungsmarkt im gesamten Landkreis wird mit 2% eingeschätzt.

 

In der EU nimmt Deutschland nicht die größte Zahl an Geflüchteten auf. Italien und die osteuropäischen Länder haben im Vergleich zu Deutschland eine durchaus höhere Zahl an Geflüchteten pro Einwohner aufgenommen.

 

Auf Bundesebene wurde das Asylbewerberrecht im letzten Jahr nicht grundlegend geändert. Auf dem Flüchtlingsgipfel wurden lediglich Zuständigkeiten und Abläufe erörtert. Die Bundesländer müssen Flüchtlinge nach einem Verteilungsschlüssel aufnehmen. Für Mecklenburg-Vorpommern liegt die Zahl bei 2,0%. Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz sind die Landkreise für die Unterbringung zuständig. Auch dies erfolgt wieder über einen Verteilungsschlüssel. Da der Landkreis nicht genügend Objekte besitzt, bedient er sich bei den Kommunen, die Objekte und Flächen besitzen.

Aktuell kommen insbesondere syrische und afghanische Flüchtlinge zu uns. Die Anerkennungsquote liegt bei 78% für afghanische Flüchtlinge und 82% für syrische Geflüchtete. Die Abschiebung ist auf Grund der Verhältnisse vor Ort momentan ausgesetzt. Es handelt sich zu einem überwiegenden Teil um Männer im Alter zwischen 20 und 35 Jahren.

Im Landkreis Nordwestmecklenburg gibt es im Moment nicht genügend Unterkünfte, um die Zahl an Geflüchteten unterzubringen. Für schnelle Lösungen sind Notunterkünfte erforderlich, die laut Aussage des Landrates bis zum Jahr 2026 befristet sein sollen. Anhand einer Karte geht der Bürgermeister auf die Kapazitäten der einzelnen Landkreise ein. Nordwestmecklenburg verfügt über 5 Einrichtungen mit insgesamt 450 Plätzen. Laut Aussage des Landkreises sind 1.000 Plätze notwendig. Standorte ab 150 Plätzen werden gesucht. Auf Grund der Nähe wird der Standort Upahl Grevesmühlen angerechnet, so dass hier keine weiteren Plätze notwendig sind. Der Kreisausschuss, der in der letzten Woche tagte, hat einen Alternativvorschlag vorgelegt.

Dieser beinhaltet: - ein gemeinschaftliches Konzept

   - eine Mindestgröße von 50 Plätzen festlegen

   - gleichzeitige Reduzierung der geplanten Unterkunft in Upahl

   - um Upahl zu schließen, steht Grevesmühlen für eine Notunterkunft

     Bereit

 

Die Gemeinde Upahl hat sich bereit erklärt 50 Plätze und die Gemeinde Gägelow 40 Plätze für Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen.

 

In diesem Zusammenhang informiert der Bürgermeister, dass die Gemeinde Upahl Klage eingereicht hat, um einen Baustopp zu erwirken. Es besteht also auch deshalb ggf. kurzfristiger Handlungsbedarf.

 

Dauerhafte Einrichtungen müssten eigentlich auch sofort eingerichtet werden, damit die Notunterkünfte so schnell wie möglich zurückgebaut werden können. Es sollte sich hierbei um feste Gebäude handeln, beispielsweise auch in Modulbauweise errichtet. Ebenso wichtig ist die Infrastruktur mit Schulen, Kitas, ärztlicher Versorgung etc. Hierzu werden Standorte in größeren Städten gesucht, die entwickelt werden sollen. Es sollen pro Standort bis zu 300 Plätze entstehen. Laut Aussage des Landrates wird der Standort Upahl reduziert, sobald es dauerhafte Einrichtungen gibt.

Auch für die dauerhaften Einrichtungen gibt es einen Alternativvorschlag aus dem Kreisausschuss seitens der Städte. Es soll ein gemeinsamer Konsens gefunden werden und ein Konzept auf den Weg gebracht werden, wo aus welchen Gründen Standorte realisiert werden.

 

Für die Stadt Grevesmühlen bedeutet dies, dass in Grevesmühlen Standorte für eine Notunterkunft und eine Dauerunterkunft ausgewählt werden sollten. Zur Beschleunigung gibt es Sonderregeln, wobei Notunterkünfte gesetzlich nur bis 2027 betrieben werden dürfen.

Für dauerhafte Einrichtungen ist ein B-Plan-Verfahren erforderlich, welches immer eine Öffentlichkeitsbeteiligung mit sich bringt. Somit ist keine Entscheidung ohne Öffentlichkeits-beteiligung möglich.

 

Für Grevesmühlen kommen folgende Potenzialflächen in Betracht, die näher untersucht werden sollten. Dies sind beispielsweise:

  • eine Fläche in der Klützer Straße, die als Gewerbefläche ausgewiesen ist
  • das Gelände der ehemaligen Tankstelle in der Lübecker Straße
  • eine Freifläche im Börzower Weg
  • das Gelände der Obdachlosenunterkunft in der Wismarschen Straße
  • teilweise aufgegebene Kleingartensiedlung südlich des Kapellenbergs
  • eine Fläche in der Sandstraße
  • die bestehende Regionalschule

 

Es sollte so schnell wie möglich ein Konsens mit dem Landkreis erzielt werden.

Außerdem:

  • die Kriterien für die Standorte müssen festgelegt werden durch Bauausschuss, Hauptausschuss und Stadtvertretung
  • die Standorte müssen ausgewählt und Planungsschritte gestartet werden
  • Aufbau und Ausbau von Integrationsnetzwerken
  • Wohnungsbau; Entlastung des Wohnungsmarktes insgesamt
  • Kita und Schulbau muss im Bereich von dauerhaften Standorten gefördert werden

 

Erste Entscheidungen sollten in Sondersitzungen des Bauausschusses, des Hauptausschusses und der Stadtvertretung getroffen werden.

 

Herr Grote ist der Meinung, dass die prognostizierte Zahl noch zu gering sei, da innerhalb von ein paar Tagen die Zahl von 800 auf 1000 gestiegen ist. Außerdem gibt er zu bedenken, dass nur von diesem Jahr die Rede ist. Was passiert im nächsten Jahr. Er spricht sich abschließend für eine Bürgerbeteiligung aus.

 

Herr Schulz betont, dass die Fluchtursachen bekämpft werden müssen.

 

Frau Oberpichler dankt dem Bürgermeister für seine Ausführungen und befürwortet die geplante Vorgehensweise. Sie erinnert an das Nachkriegsdeutschland nach dem zweiten Weltkrieg und wie viele Flüchtlinge damals untergebracht werden mussten.

 

Herr Baetke äußert sich positiv zu den vorgestellten Strukturen und spricht sich für eine offene Bürgerbeteiligung aus. Solche Ausführungen haben auf Kreisebene gefehlt. Er berichtet außerdem, dass die Entscheidung der Kreistagsmitglieder für den Standort Upahl nicht leicht gefallen ist.

 

Herr Bendiks kritisiert die geringe bzw. nicht vorhandene Akzeptanz in der Bevölkerung und die Vorgehensweise in den letzten Wochen. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es hier um Menschen geht. In der Notunterkunft Upahl sollten nur so viele Flüchtlinge untergebracht werden, wie die Gemeinde auch bewältigen kann. Eine dauerhafte Einrichtung sollte eine flexible Nachnutzung gewährleisten. Auch Herr Bendiks möchte wissen, ob es schon eine Tendenz für das nächste Jahr gibt.

 

Herr Zachey spricht sich dafür aus 3 oder mehr kleinere Unterkünfte zu planen, um kulturellen und religiösen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.

 

Herr Reppenhagen spricht sich dafür aus, dass die Stadt ein Zeichen setzen und loslegen sollte.

 

Auch Herr Krohn sieht den vorgestellten Fahrplan positiv und spricht sich für eine Bürgerbeteiligung aus.

 

Frau Münter äußert sich positiv dazu, dass Upahl sich einen Rechtsbeistand gesucht hat. Aus ihrer Sicht sollte erstmal abgewartet werden, wie die Rechtslage ist.

 

Herr Schulz berichtet, dass er auf Kreisebene gegen den Standort Upahl gestimmt hat, da er die geplante Unterbringung für menschenunwürdig hält. Zur Klage der Gemeinde Upahl gibt er zu bedenken, dass das Urteil auch positiv für Upahl ausgehen kann und die Standortsuche dann von neuem beginnt.

 

Auch Herr Grote dankt für die vorbereitete Präsentation des Bürgermeisters. Zum Thema Bürgerbeteiligung spricht er sich beispielsweise für eine Einwohnerversammlung in der Mehrzweckhalle aus.

 

Frau Münter spricht sich gegen die weitere Nutzung der Sporthallen aus.

 

Herr Bendiks knüpft an das Thema Sporthallen an und betont, dass der Schul-und Vereinssport nicht außer Acht gelassen werden darf. Wenn der Kreistag gegen den Standort gestimmt hätte, wäre als letzte Schlussfolgerung eine Zuweisung in die Sporthallen erfolgt.

 

Zum Thema Flüchtlinge geht Frau Münter auf Artikel 16a des Grundgesetzes ein. Dieser wurde geschaffen, damit Deutsche im 2. Weltkrieg in andere Länder flüchten konnten.

 

Herr Krohn ist der Ansicht, dass Flüchtlinge auch die Arbeitsmarktsituation verbessern können. Hierzu nennt er ein Beispiel aus seinem eigenen Unternehmen.

 

Herr Baetke erkundigt sich, ob es verwaltungsintern schon einen Zeitplan gibt.

 

Der Bürgermeister schlägt eine Sondersitzung des Bauausschusses in der nächsten Woche vor. Daran anschließen sollen der Hauptausschuss und die Stadtvertretung.

Es ist davon auszugehen, dass es auch in Grevesmühlen Diskussionen bzgl. der Standorte geben wird. Er bedauert die negative Berichterstattung.

 

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Sachverhalt:

Die geplante Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft in Upahl hat große Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und in den Medien erzeugt. Diese Einrichtung, aber auch die vom Landrat angekündigte Verlegung des Standorts in Upahl, wird auch für Grevesmühlen Auswirkungen haben.

Der Bürgermeister ist bereits seit Anfang 2022, mit dem Beginn der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine, stetig über die sich verändernde Situation im Landkreis in Gesprächsrunden des Landrats informiert worden. Demnach waren bereits im Jahr 2022 aus unterschiedlichen Gründen schnelle Hilfen erforderlich. So hatte die Stadt zum Beispiel zwischenzeitlich die Sport- und Mehrzweckhalle als Notunterkunft bereitgestellt. Ferner erging im August 2022 eine schriftliche Aufforderung, potenzielle Standorte für die Unterbringung für Geflüchtete, vorrangig aus Drittstaaten, in der Stadt und im Amt zu melden. Die bestehende Einrichtung in Wismar drohte bereits damals, nicht auszureichen. Dieser Aufforderung ist die Stadt mit einem Angebot eines stadteigenen Grundstücks am Börzower Weg nachgekommen, weitere private Offerten sowie eigene Standortprüfungen des Landkreises in Grevesmühlen sind dem Bürgermeister aus mehreren Gesprächen und E-Mailverkehr mit dem Landrat bekannt. Der Hauptausschuss wurde hierüber regelmäßig informiert.

Zu Beginn des Jahres wurden die Bemühungen des Landkreises offenkundig intensiviert, nachdem erste Sporthallen in Wismar zusätzlich als Notunterkünfte eingerichtet werden mussten. Unter anderem standen kurzzeitig potenzielle Unterkünfte in Gägelow und Grevesmühlen zur Rede, kurz bevor die Standortentscheidung für Upahl alle Beteiligten in der Kommunalverwaltung überraschte. Der weitere Werdegang ist hinlänglich bekannt. Nicht hinreichend bekannt indes sind die Gründe, die gegen die Entscheidung für Standorte in Grevesmühlen und Gägelow den Ausschlag gaben. Auch waren uns potenzielle Standorte in anderen Amtsbereichen nicht bekannt.

Aus dieser Sachlage heraus hat der Kreisverband des Städte- und Gemeindetags in seiner Sitzung am 01.02.2023 beiliegendes Papier beschlossen und hiernach dem Landrat und dem Kreistagspräsidenten überstellt. Parallel hierzu lud der Landrat die Bürgermeister größerer Gemeinden im Kreis und den Vorstand des StGT-Kreisverbands zu einer gemeinsamen Sitzung mit dem Kreisausschuss ein. Hierüber wird eingehender mündlich berichtet.

Grundsätzlich ist für die Stadt Grevesmühlen festzustellen, dass sie sich, nach nachvollziehbarem Entscheidungsprozess auf Landkreisebene und bei Einbeziehung der kommunalen Gremien, dazu bereit erklärt, für einen Standort für eine Gemeinschaftsunterkunft zur Verfügung zu stehen. Dies gilt aber unter dem Vorbehalt der angemessenen Größenordnung, was impliziert, dass im Gegenzug der Standort Upahl schnellstmöglich wieder aufgegeben oder zumindest deutlich reduziert wird.

Weitere, nicht minder bedeutsame Aufgabenstellungen erwachsen daraus im Bereich des Wohnungsbaus und der öffentlichen Infrastruktur.

Letztlich ist die Integration von Geflüchteten nur leistbar, wenn dazu Bereitschaft in der Bevölkerung besteht. Diese Bereitschaft ist nur zu erwarten, wenn sie in den Prozess eingebunden wird, ein Plan erkennbar ist und dieser keine Überforderung der Zivilgesellschaft offenkundig macht.

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Anlagen zur Vorlage

Online-Version dieser Seite: https://grevesmuehlen.sitzung-mv.de/public/to020?SILFDNR=1000429&TOLFDNR=1011394&selfaction=print