20.08.2019 - 6 Normkontrollklage gegen das Gesetz zur Abschaff...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Wortprotokoll

 

Der Bürgermeister informiert über einen Termin mit dem Städte- und Gemeindetag M-V zu dieser Thematik. In dem Gespräch wurde verdeutlicht, dass eine Klage so schnell wie möglich eingereicht werden sollte, wenn man sich gegen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wehren möchte. So kann auf das laufende Gesetzgebungsverfahren Einfluss genommen werden. Der Bürgermeister erläutert in diesem Zusammenhang das Gesetz. Da es keinen 100%igen Ausgleich mehr von den Straßenausbaubeiträgen gibt, ergibt sich als Konsequenz, dass Straßen nicht mehr gebaut werden oder die gemeindeeigenen Steuern erhöht werden. In Abstimmung mit dem Städte- und Gemeindetag M-V empfiehlt der Bürgermeister Klage einzureichen. Der Städte- und Gemeindetag M-V hat 7.200€ als Cofinanzierung in Aussicht gestellt.

 

Herr Faasch erscheint um 18.15 Uhr. Somit sind 9 von 9 Ausschussmitgliedern anwesend.

 

Herr Baetke erkundigt sich, ob bekannt ist, dass auch andere Städte die Möglichkeit der Klage nutzen.

 

Der Bürgermeister teilt mit, dass eine Sammelklage keinen Sinn machen würde. Über weitere Klagen ist nichts bekannt.

 

Herr Grote fragt nach, was passiert, wenn die Klage scheitert.

 

Hierzu antwortet der Bürgermeister, dass das Kostenrisiko gering ist.

 

Herr Baetke möchte wissen, wie die Thematik in Zusammenhang mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz zu sehen ist.

 

Dazu erläutert der Bürgermeister, dass das Land vor Abschaffung der Straßenausbaubeiträge Investitionspauschalen mit den Kommunen ausgehandelt hat. Es wird die Auffassung vertreten, dass damit die entfallenen Straßenausbaubeiträge finanziert werden sollen.

 

Sachverhalt:

Die generelle Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern wurde bereits seit 2018 mehrfach medial von Vertretern der Landesregierung und des Landtages angekündigt und nunmehr mit dem o.g. Gesetz zumindest teilweise umgesetzt.

 

Die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen vermag der Landtag gesetzlich regeln. Das Land greift damit aber im erheblichen Umfange in die Grundsätze des eigenen Wirkungskreises der Kommunen ein. Die Stadtvertretung hat deshalb auch in der letzten Wahlperiode bereits deutlich gemacht, dass im Zuge der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge die vollständige Kompensation der entfallenden Einzahlungen der Stadt erfolgen müsse.

 

Dies wird aber durch das nunmehr vorliegende Gesetz nicht ausreichend gewährleistet. Es wird zwar die generelle Abschaffung der Straßenausbaubeiträge festgelegt (vgl. § 8a Abs. 1 des oben genannten Gesetzes). § 8a Abs. 2 des o.g. Gesetzes regelt indes lediglich die Kompensation von entfallenden Beiträgen von Baumaßnahmen, die zwischen 2018 und 2019 begonnen wurden.

 

Oder in Kurzform: Per Gesetz werden die Straßenausbaubeiträge für alle gemeindlichen Straßenbaumaßnahmen ab dem 01.01.2019 abgeschafft, die erforderlichen Kompensationen werden aber nur bis zum 31.12.2019 verbindlich zugesichert.

 

Dies allein ist nach Auffassung der Sachverständigen des STGT-MV sowie der hinzu gezogenen Rechtsberatung mit Verweis auf Artikel 72 Abs. 3 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern verfassungswidrig und kann auch nicht nachträglich geheilt werden.

 

Damit wird zudem die kommunale Selbstverwaltung der Stadt Grevesmühlen ganz unmittelbar beeinträchtigt, da im Haushaltsplan 2019/2020 auch Investitionen für 2020 ausgewiesen sind, die durch Straßenausbaubeiträge gegenfinanziert werden sollten. Dies betrifft lt. beschlossener HH-Satzung 2019/2020 voraussichtlich die Projekte „Rosenweg“ (Seite 103 d. HH-Planung, Straßenausbaubeiträge i.H.v. 230 T€), „An der Burdenow“ (Seite 112 d. HH-Planung; 140 T€) , „Straße des Friedens“ (Seite 112 d. HH-Planung; 365 T€); „Klützer Straße“ (Seite 118 d. HH-Planung; 200 T€).

 

In Summe sind dies 935 T€, die entgegen der HH-Planung der Stadt Grevesmühlen allein für geplante Straßenausbaumaßnahmen in 2020 aufgrund dieser neuen gesetzlichen Regelung entfallen, ohne dass dafür irgendeine Kompensation geregelt wird.

 

Nach Medieninformationen bereitet das Land eine nachfolgende Regelung zur Kompensation vor. Hierzu wurde ein Betrag von 25 Mio. €/anno für alle Kommunen im Land durch die Erhöhung der Grunderwerbssteuer angekündigt. Die geplante Aufteilung dieser Zuweisungen an die einzelnen Kommunen ist bisher nicht näher bekannt und erst recht nicht gesetzlich geregelt.

 

Legt man die Einwohnerzahlen hierfür zugrunde, wären dies für Grevesmühlen ca. 170 T€/anno. Die Differenz zu den tatsächlichen zu erwartenden Einnahmeausfällen allein in 2020 betrüge damit 765 T€. Vorbereitete Erneuerungslisten der Folgejahre anhand von Werten unserer Anlagenbuchhaltung zeigen zudem auf, dass auch zukünftig eine deutliche Differenz und somit Einnahmeverlust für die Stadt zu erwarten sein wird. Ein vergleichbares Bild ergeben eigene Ermittlungen des STGT-MV anhand von allgemeinen Preisannahmen, bezogen auf die Bestände aller Gemeindestraßen in MV.

 

Eine adäquate Kompensation der entfallenden Straßenausbaubeträge ab 2020 wäre somit, für die Stadt Grevesmühlen hinreichend belegbar, nicht gegeben.

 

Das heißt nichts anderes, als dass die weiteren dringend erforderlichen Erneuerungsmaßnahmen an gemeindlichen Straßen in Zukunft wesentlich erschwert werden und weniger Erneuerungen stattfinden als bisher, obwohl nachweisbar Bedarfe bestehen.

 

Auf Basis dieser gemeinsamen Einschätzung der Geschäftsstelle des StGt-MV sowie Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Driehaus und Herrn Prof. Dr. Christoph Brüning, beide empfohlen durch den STGT-MV, ist hinreichend sicher, dass eine Klagebefugnis für die Stadt Grevesmühlen besteht und aus finanzieller Sicht eine Klage zum jetzigen Zeitpunkt auch geboten ist.

 

Die Normkontrolle bzw. kommunale Verfassungsbeschwerde ist innerhalb eines Jahres einzureichen, aus verfahrenstaktischen Gründen aber möglichst zeitnah, um auch die weiteren politischen Entscheidungsfindungen auf Landesebene möglichst noch zugunsten der Kommunen zu beeinflussen. 

 

Der STGT-MV würde bei positivem Votum der Stadtvertretung eine Cofinanzierung der Verfahrenskosten wohlwollend prüfen.  

 

Die Kosten des Verfahrens wurden vom Rechtsanwalt mit ca. 30 T€ abgeschätzt. Damit liegt die Entscheidungsbefugnis zur Vergabe der Zahlungsverpflichtung gem. § 9 Abs. 2 der Hauptsatzung der Stadt Grevesmühlen beim Bürgermeister 

 

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Beschluss:  

Die Stadtvertretung beschließt, den Bürgermeister zu ermächtigen, gegen das Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge eine Normkontrollklage aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken einzulegen.

 

 

 

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Abstimmungsergebnis:  

Ja- Stimmen:

7

Nein- Stimmen:

1

Enthaltungen:

1

 

 

 

 


 

 

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Anlagen zur Vorlage

Online-Version dieser Seite: https://grevesmuehlen.sitzung-mv.de/public/to020?TOLFDNR=37165&selfaction=print